Theorie des 10. Mann: Wie ein Aussenseiter die Dynamik einer Gruppe verändern kann

In der sozialen Psychologie gibt es eine bekannte Theorie, die als “Theorie des 10. Mann” bezeichnet wird. Diese Theorie besagt, dass in einer Gruppe von neun gleichartigen Individuen ein zehntes Individuum hinzugefügt werden muss, um eine Änderung in den Verhaltensweisen und Entscheidungen dieser Gruppe zu bewirken.

In der sozialen Psychologie gibt es eine bekannte Theorie, die als “Theorie des 10. Mann” bezeichnet wird. Diese Theorie besagt, dass in einer Gruppe von neun gleichartigen Individuen ein zehntes Individuum hinzugefügt werden muss, um eine Änderung in den Verhaltensweisen und Entscheidungen dieser Gruppe zu bewirken.

Viele Entscheidungen werden vermeintlich einstimmig getroffen. In der Phase der Entscheidungsfindung sind vielfach die teilnehmenden Entscheidungsträger irgendwann an einem Punkt angelangt, wo man des Diskutieren müde ist. Man gibt sich geschlagen und stimmt für die Mehrheit. Die Idee des 10. Mann basiert auf der Annahme, dass Menschen in Gruppen tendenziell dazu neigen, ihre eigene Meinung und ihr Verhalten an die Meinungen und Verhaltensweisen der anderen Mitglieder der Gruppe anzupassen. Dies kann dazu führen, dass die Meinungen und Entscheidungen einer Gruppe homogen und konsensorientiert werden, anstatt dass jedes Mitglied seine eigene unabhängige Meinung äussert.

“Ich bin dagegen”

Um sich sicher zu sein, wirklich die richtige Entscheidung zu treffen, kann man verschiedene Ansätze verfolgen. Die “10. Mann-Methode” verfolgt den Ansatz, dass in einem Gremium von zehn Entscheidern ein Vertreter grundsätzlich dagegen sein soll. Diese Rolle wird bei der Konstitution des Gremiums definiert und einem Mitglied fix zugeteilt.

Jedoch, wenn ein Aussenseiter oder Dissident hinzugefügt wird, kann dies die Dynamik und Denkweise innerhalb der Gruppe beeinflussen und ändern. Diese Person kann neue Perspektiven und Ideen einbringen, die die anderen Mitglieder zum Nachdenken anregen und dazu führen, dass sie ihre Meinungen und Entscheidungen überprüfen.

Im Hollywood Blockbuster World War Z mit Brat Pitt unter der Regie des Schweizers Marc Forster auf jeden Fall rettet – mindestens zu Beginn – die Anwendung der Methode des 10. Mannes Israel vom Zombie-Befall.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Theorie des 10. Mann nicht besagt, dass eine Gruppe von zehn Menschen automatisch produktiver oder kreativer ist als eine kleinere Gruppe. Stattdessen geht es darum, wie die Anwesenheit eines Aussenseiters die Dynamik und Denkweise innerhalb einer Gruppe beeinflussen kann.

Die Anwendung der Methode ist denkbar einfach – mindestens in der Theorie. Wird über ein Thema debattiert, ist die Aufgabe des 10. Mannes, immer die vorgebrachten Ergebnisse in Frage zu stellen.

Der 10. Mann in der Praxis

Vielleicht stellen Sie sich jetzt die Frage: Was ist denn daran besonders? Wir haben ja immer einen in der Gruppe, der dagegen ist. Da brauchen wir doch keinen definierten 10. Mann.

In Unternehmen und Organisationen kann die Anwendung der Theorie des 10. Mann dazu beitragen, dass kreativere und innovativere Lösungen entstehen. Manchmal ist es wichtig, neue Perspektiven und Ideen einzubringen, um die Dynamik einer Gruppe zu verändern und dazu zu führen, dass neue und bessere Lösungen gefunden werden.

Deshalb schauen wir uns die Methode etwas genauer an. Denn soll sie ihre Wirkung richtig entfalten, ist der Zeitpunkt des Einsatz entscheidend.

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Nehmen wir also an, dass sich unser Gremium über die Definition der neuen Unternehmens-Strategie berät. Zu Beginn werden mit den unterschiedlichsten Arbeitstechniken Ideen geboren, diese weiter ausgearbeitet, einige wieder verworfen. Nach einer kürzeren oder längeren Findungsphase ist man sich irgendwann im Grundsatz einig, wie die neue Strategie aussehen soll. Bis dahin bleit der 10. Mann in seiner offiziellen Rolle inaktiv.

Nun aber nimmt er seine Funktion wahr. Er hat nämlich den Auftrag, die definierte Strategie zu hinterfragen; der als richtig angenommenen Meinung zu widersprechen und Alternativen aufzuzeigen. Er soll darlegen, was bei der Freigabe der neuen Strategie schieflaufen kann, welche Faktoren gegen das definierte Vorgehen sprechen.

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Wichtig ist, dass zum einen der 10. Mann genügend Zeit für seine Überlegungen bekommt. Auf der anderen Seite ist er vom Gremium unvoreingenommen anzuhören. In einem Entscheider-Gremium wir ja oft sofort mit Gegenargumenten hantiert, wenn eine als nicht konform angesehene Meinung Kund getan wird. Will man die Methode zielführend nutzen, dann darf dies nicht geschehen.

Der 10. Mann führt also seine Gegentheorie aus. Aufgrund dieser Ausführungen kann nun die Gruppe das definierte Vorgehen auf Schwachstellen oder verblendete Annahmen prüfen. So können vor einem finalen Entscheid gewisse Justierungen vorgenommen werden. Vielleicht zeigen sich ja sogar grundlegende Überlegungsfehler, die ausgemerzt werden können.

Geheimdienstlich eingesetzt

Die Methode wird angeblich in verschiedenen Geheimdiensten genutzt. Allen voran wir in einigen Publikationen dem israelischen Mossad nachgesagt, sogar eigenständige Dienststellen zu unterhalten, die wichtige Entscheidungen als “advocatus diaboli” systematisch hinterfragen.

Geschichtlich ist überliefert, dass vor allem bei kriegerischen Auseinandersetzungen oft auf die Methode des 10. Mannes zur Validierung einer Idee eingesetzt wurde.

Wichtig ist nicht wie …

… sondern dass eine Hinterfragung gemacht wird. Die Methode des 10. Mann ist natürlich nur eine Möglichkeit, wie man zum besten Entscheid gelangen kann. Es ist eben im Prinzip unwichtig, ob die Regeln einer Methode angewendet werden. Bei der Entscheidungsfindung ist es viel wichtiger, dass man sich auch mit unangenehmen Fragen befasst, vor man einen definitiven Entscheid fällt.

close up of human hand
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Dabei kann man auf einen 10. Mann einsetzen, muss man aber nicht. Denn es liegt in der Natur des Menschen, sich für eine Idee zu begeistern – das Davonabrücken ist oftmals sehr schwierig. Und genau hier setzt die beschriebene Methode an: Man gibt sich bewusst einen unangenehmen, kritischen Gegenpol, um damit herauszufinden, wo die Schwachstellen der eigenen – offensichtlich logischen und guten – Gedankengänge liegen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Theorie des 10. Mann eine interessante Perspektive auf die Dynamik von Gruppen und Teams bietet. Indem man versteht, wie ein Aussenseiter die Dynamik und Denkweise innerhalb einer Gruppe beeinflussen kann, kann man die Vorteile nutzen, die mit einer diversen und inklusiveren Gruppenzusammensetzung einhergehen. Dies kann dazu beitragen, dass bessere Entscheidungen getroffen werden und kreativere Lösungen entstehen. Es ist jedoch auch wichtig zu beachten, dass jede Gruppe und jede Situation unterschiedlich ist, und dass es nicht immer einfach ist, die Theorie des 10. Mann in die Praxis umzusetzen. Trotzdem kann es lohnend sein, sich dieser Theorie bewusst zu sein und zu überlegen, wie man sie in bestimmten Kontexten nutzen kann.

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